Neues von der SOKA-BAU: Sind Tiny Houses Bauwerke?

Tiny House: Wohnwagen oder Container?

Unterfallen Betriebe, in denen mobile Tiny Houses hergestellt werden, dem Verfahrenstarifvertrag des Baugewerbes (VTV)? Diese Frage hat das Hess. Landesarbeitsgericht am 04.04.2023 verneint (12 Sa 577/22 SK), und damit ein anderslautendes Urteil des Arbeitsgerichtes Wiesbaden aufgehoben.

Die Urlaubskasse war der Meinung, im Betrieb der Beklagten würden arbeitszeitlich überwiegend genormte Baufertigteile montiert sowie Zimmerer- und Holzbauarbeiten mit Geräten, Materialien sowie Arbeitsmethoden des Baugewerbes sowie des Ausbaugewerbes ausgeführt. Auch bei der durch die Beklagten beschriebenen Verrichtung von Dämmarbeiten an Landfahrzeugen gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt IV Nr. 3 VTV handele es sich um die Ausführung baugewerblicher Tätigkeiten. Sobald die Tiny Houses aber auf ihren jeweiligen Standplätzen aufgestellt und angeschlossen seien, handele es sich bei ihnen um bauliche Anlagen und Gebäude im Sinne der Landesbauordnungen.

Die Beklagte hat mit dem Hinweis dagegen gehalten, dass die Dämmarbeiten lediglich 10 % der Gesamtarbeitszeit ausmachen. Tiny Houses würden als Wohnwagen vom TÜV abgenommen, würden also von den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen erfasst und auch steuerlich wie Wohnwagen behandelt. Für die Maße der Tiny Houses in Bezug auf Höhe, Breite und Gewicht seien die Vorgaben der Straßenverkehrszulassungsordnung entscheidend. Auch müssten für die mobilen Tiny Houses Kfz Versicherungen abgeschlossen werden. Die für Tiny Houses geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen entsprächen europaweit denen für Wohnwagen.

Die von den Beklagten hergestellten Tiny Houses sind Landfahrzeuge im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt IV Nr. 3 VTV und keine Bauten bzw. Bauwerke, urteilte das Landesarbeitsgericht. Sie haben mehr Gemeinsamkeiten mit Wohnwagen als mit Wohncontainern. Lediglich § 1 Abs. 2 Abschn. IV VTV unterwirft Tätigkeiten dem betrieblichen Geltungsbereich, die nicht zwingend Leistungen an einem Bauwerk darstellen. Allen anderen Tätigkeiten des VTV sind an Bauten oder Bauwerke gekoppelt. Soweit hier von Interesse geht es lediglich um Dämmarbeiten, die nach tariflicher Definition auch an Land-, Luft- und Wasserfahrzeugen erbracht werden können. Daher werden von den im Betrieb ausgeführten Dämmarbeiten dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterworfen, die jedoch mit lediglich 10 % nicht arbeitszeitlich überwiegen.

Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, weil die Frage, ob die Herstellung mobiler Tiny Houses eine Beitragspflicht nach dem VTV auslöst, bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist.

 

Das BAG wird abzuwägen haben, ob sich an der Einschätzung etwas ändert, wenn die Genehmigungspflicht nach den Landesbauordnungen stärker in den Blick genommen wird, als das LAG dies getan hat.

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